• Begegnungen

    Sie

    Die Tür öffnet sich und sie stellt sich in den Türrahmen. Sie, genau sie. Mit high heals, schön gestylt, elegant, umwerfend! Echt. Ich traue meinen Augen nicht. Halte inne und frage sie leise: Snezhi, bist du denn das? Woher kommst du? Wo warst du denn die ganze Zeit? Und sie erzählt mir, dass sie eh nie gegangen ist. Wir haben uns einfach eine Weile nicht gesehen. Auch sie habe mich sehr vermisst. Und nun solle ich alles schnell einpacken, sie sei ja wegen mir gekommen, um mich abzuholen. Ich mache alle Kästen auf und fange an auszuräumen. Nichts von dem, was da ist, brauche ich. Alles schmeiße ich weg. Nichts…

  • Theater

    Das Ich vor der Kulisse des Weltgeschehens

    Zwei Neuinszenierungen von Marin Gruber und aktionstheater ensemble – in Kooperation mit Spielboden Dornbirn und Werk X Mit „Die große Pension Europa Show“ haben der Regisseur Martin Gruber und sein mehrfach ausgezeichnetes aktionstheater ensemble dem Wiener Publikum wieder einmal Stoff zum Nachdenken und kritischer Auseinandersetzung mit sich selbst geliefert. Denn im Mittelpunkt steht schon wieder die Persönlichkeit mit ihren Schwächen. Verstört, vom Hurrikan der erschütternden und in die Knie zwingenden gesellschaftspolitischen Ereignisse aufgesaugt, schreit sie danach, wahrgenommen zu werden. Gnadenlos, aber zugleich liebevoll und mit viel Humor stellt Martin Gruber das Eitle und Oberflächliche, eingebettet im aktuellen gesellschaftspolitischen Kontext, ins Rampenlicht. Die große Pension Europa Show  ist noch am Di.…

  • Das Universelle

    Warnung! Über die negativen Begleiterscheinungen beim Fremdsprachenerlernen

    Eine empirische Untersuchung. Über den Nutzen vom Fremdsprachenlernen wird viel und ausführlich gesprochen, pointiert geschrieben und überzeugend argumentiert. Vor allem werden die Aneignung von Wissen hervorgehoben und die damit einhergehende Ausweitung sprachlicher, kultureller und persönlicher Grenzen – es geht also um ein Mehr, behaupten alle. Doch das, was oft außer Acht gelassen wird, sind die negativen Begleiterscheinungen, insbesondere in der Anfangsphase, deren man sich bewusst sein sollte. Darauf möchte ich nun im Interesse aller Beteiligten detailliert eingehen. Die erste Fremdsprache, mit der ich noch als Kind in Berührung kam, war Russisch. Ganze sechs Jahre war es die einzige Fremdsprache, die man in der Schule erlernen konnte. Als Folge kann ich…

  • Begegnungen

    Da, wo alles beginnt und endet

    „Und die Zufälle ließen sich wie Vögel auf ihre Schulter nieder.“ Milan Kundera Begrüßen, da sein, ohne anzukommen, offen sein, präsent sein, mit der Umwelt verschmelzen, da sein, und nicht da sein, ständig unterwegs sein, ohne je abreisen zu können, mit der Zeit um die Wette rennen… Denken und nicht denken, spüren, Lichtmomente unter die Haut gehen lassen…  Aufwachen… Vor dem ersten Sonnenkuss aufwachen… Bissige eiserne Schneeflocken auf den Wangen zur Morgendämmerung, Schnee auf der Handfläche schmelzen und durch die Finger verrinnen lassen, den Schnee bei jedem Schritt knistern hören, vom Schnee verblendet werden und sich im Dunkeln verlaufen, die beschlagenen Fensterscheibe mit dem Handrücken abwischen, in die Dunkelheit starren,…

  • Europa

    Erster Advent

    Als ich gestern in Salzburg war, wo die vorweihnachtliche Stimmung trotz der herrschenden Gas-Krise, des Ukraine-Krieges und der steigenden Inflation in vollem Maße, zu voller Pracht zu spüren war, ist da auf einmal eine Frage aufgetaucht: Wie ist das Gefühl, in diesem Land geboren zu sein? Und nicht nur geboren, sondern auch mit all den geschichteträchtigen Entwicklungen, die die vorigen Jahrhunderte das Land geprägt und geformt haben, verbunden zu sein? Von dem Moment an stauten sich eine Unmenge Fragen auf, und jede drängte sich nach vorne und pochte mit seiner Legitimität, gestellt zu werden. Wie wäre es, wenn Bulgarien nicht 500 Jahre Teil vom Osmanischen Reich gewesen wäre, sondern ein…

  • Das Jetzt

    Gib mir deine Hand

    Gib mir deine Hand,lass sie sich auf meine Hände niedersetzen,ich will da, in deiner Hand, deinen Weg entdecken,deinen sich in Kurven schlängelnden Weg,und auf deinen Pfad viel Freude und Zeit ins Endlose hinunterrollen,Sternenstaub darauf streuen,und möge ich gleich vergessen, was ich enträtselt habe! Gib mir deine Hand, lass sie wie ein Blatt auf den Schoss vom November fallen und sich da ausruhen,damit ich mit dem Novemberregen alle eisig frierenden Winter wegspülen kann.Und hab keine Angst vor schlechten Vorhersagen,in meiner Hand wird nämlich ein Zauber geboren,und dank diesem Zauber kann ich aus der Hand nur von jenem lesen,auf dessen Weg ich meinen eigenen Namen entdecke. Neli P Views: 58

  • Europa

    Die andere Seite

    Sofia habe ich nie gemocht. Niemals. Und nicht wegen der Tatsache, dass da, in der Volksversammlung, diejenigen sitzen, die alles andere tun, als das Volk zu vertreten, auch wenn auch das ein plausibler Grund wäre. „Schicksal, Schicksal!“, wehklagen die einen. Eine Ausrede, bei der sich jede andere Erklärung erübrigt, sobald man nur einen schnellen Blick in die Geschichte zurück wagt. Diejenigen von gestern sind die Regierenden von heute. Fakt. Sofia habe ich nie gemocht. Wegen der krassen Gegensätze. Der Diskrepanz zwischen dem Scheinbild, das man  nach außen hin demonstrieren will, und der harten Wirklichkeit, die sich zwei Quergassen weit weg von „Vitoschka“ anbietet. Einerseits die glänzenden Vitrinen der Hauptstraße, und…

  • Das Universelle

    Vielleicht

    Zwischen Gestern und Heute, Neuem und Altem stolpere ich über ein „Vielleicht“. Vielleicht fällt die Prognose düster aus, vielleicht sind Stürme angesagt, vielleicht kreuzen Blitze ihre Schwerter am Horizont und zerschlagen Regenbögen? Vielleicht beugen sich verblasste Gesichter unter der Schwere des Kummers? Vielleicht wird es ein Indian Summer sein! Vielleicht geht es ins Blaue? Ins Goldige? Ins Hoffnungsvolle? Vielleicht singt man das heutige Lied auch morgen noch weiter? Nein, es regnet nicht. Die Sterne weinen, warten auf ihren Sturm, auf ein Vielleicht, das den Arm ausstreckt und ihre Tränen abwischt. Vielleicht. Views: 78

  • Begegnungen

    Ladies After-Work-Party

    Hello, High-Society! Ganz unerwartet für mich kommt eines Tages eine nette Einladung zu einem Damen-After-Work-Drink. Als Location wurde eine gemütliche Daily Lounge Bar im 1. Bezirk ausgesucht. Schon etwas später als die anderen angekommen, direkt von der Arbeit, schaue ich mich erst mal unruhig nach meinen Gastgeberinnen um, und bald erblicke ich die nach dem letzten Schrei der Mode gestylten und aufgepeppten Ladys (alle Hausfrauen ausnahmsweise), in glänzenden Gala-Outfits, Highheels und bis zur Schulter hängenden schweren Ohrringen. So schwer scheint der Ohrschmuck zu sein, dass er bei einem den Eindruck hinterlässt, er hätte das ganze Weltleid in sich aufgenommen. Sechs rot geschminkte Münder lächeln mir zu, als fände gleich die…