-
„ALL ABOUT ME. KEIN LEBEN NACH MIR“
Aktionstheater ensemble feiert sein 35. Jubiläum mit der Neuaufführung „ALL ABOUT ME. KEIN LEBEN NACH MIR“ Die Neuinszenierung ist noch vom 09. bis 15. Juni im THEATER AM WERK in Wien zu sehen Aktionstheater ensemble brauche ich wie die Luft zum Atmen. Wenn es zu eng wird, gehe ich ins Theater, um mir wieder Luft holen zu können. An diesem warmen Juniabend fällt die Wetterprognose im Theater am Werk in Wien nicht so optimistisch aus: Die dunklen Regenwolken von den Wandprojektionsflächen, die die Bühne umgeben, deuten wohl auf düstere Zeiten hin. Vor schlechten Prognosen habe ich keine Angst, viel mehr fürchte ich jenen Zustand, in dem man so tut, als…
-
Aggregatzustand Klimek
Manche Legenden bekommen ihren Stern auf dem Walk of Fame in Hollywood, nach anderen werden Straßen, Parks, Institutionen, gar Schiffe benannt. Das, worum es hier geht und was am besten zu seinem Namensgeber korrespondieren würde, ist allerdings ein Aggregatzustand – weder fest, noch flüssig, noch gasförmig, sondern explosionsartig! - der Aggregatzustand Klimek.
-
Da, wo alles beginnt und endet
„Und die Zufälle ließen sich wie Vögel auf ihre Schulter nieder.“ Milan Kundera Begrüßen, da sein, ohne anzukommen, offen sein, präsent sein, mit der Umwelt verschmelzen, da sein, und nicht da sein, ständig unterwegs sein, ohne je abreisen zu können, mit der Zeit um die Wette rennen… Denken und nicht denken, spüren, Lichtmomente unter die Haut gehen lassen… Aufwachen… Vor dem ersten Sonnenkuss aufwachen… Bissige eiserne Schneeflocken auf den Wangen zur Morgendämmerung, Schnee auf der Handfläche schmelzen und durch die Finger verrinnen lassen, den Schnee bei jedem Schritt knistern hören, vom Schnee verblendet werden und sich im Dunkeln verlaufen, die beschlagenen Fensterscheibe mit dem Handrücken abwischen, in die Dunkelheit starren,…
-
Ladies After-Work-Party
Hello, High-Society! Ganz unerwartet für mich kommt eines Tages eine nette Einladung zu einem Damen-After-Work-Drink. Als Location wurde eine gemütliche Daily Lounge Bar im 1. Bezirk ausgesucht. Schon etwas später als die anderen angekommen, direkt von der Arbeit, schaue ich mich erst mal unruhig nach meinen Gastgeberinnen um, und bald erblicke ich die nach dem letzten Schrei der Mode gestylten und aufgepeppten Ladys (alle Hausfrauen ausnahmsweise), in glänzenden Gala-Outfits, Highheels und bis zur Schulter hängenden schweren Ohrringen. So schwer scheint der Ohrschmuck zu sein, dass er bei einem den Eindruck hinterlässt, er hätte das ganze Weltleid in sich aufgenommen. Sechs rot geschminkte Münder lächeln mir zu, als fände gleich die…
-
„WILLKOMMEN! Ich heiße Olga. Ich bin Verkäuferin.“
Die Not, nicht der Überfluss hat Olga dazu getrieben, nach Wien zu kommen. Notgedrungen hatte sie ihre sieben Sachen gepackt – die alle in ihrem Pelzmantel reinpassten –, und verließ die Heimat, nachdem ihr das Leben ein paar harte Ohrfeigen verpasst hatte, und einige davon sie in die Knie gezwungen hatten. Hinter sich, in Odessa, ließ sie einen Ex-Mann, der auf seine Weise um ein besseres Realitätsbild kämpfte, indem er das Verzerrte draußen durch Alkohol wieder auszuloten versuchte, und den sie lange genug auf dem Weg, genannt „Ehe“, mitgeschleppt hatte. Ob sich seine eigene Realität dadurch schöner, erträglicher anfühlte, wusste Olga nicht, ihre war allerdings nur noch gruseliger geworden. Bis…
-
Es lebe die Leidenschaft!
Wenn man dem Gefühl eine konkrete Form verleihen kann, dann ist es Benjamin Vanyek. Wir kennen schon den talentierten Schauspieler dank seiner mitreißenden Rollen in den Aufführungen von aktionstheater ensemble und haben den Akteur, der sich in seine Protagonisten dermaßen gelungen hineinversetzen kann, dass er ein Leib und Seele mit ihnen wird, des Öfteren bewundert und mit großem Respekt vor seinem Talent mitverfolgt. Sein facettenreiches Schauspiel fand dieses Mal seinen einzigartigen Ausdruck in den Interpretationen des „Großen der Großen“ – Jacques Brel – im Nestroyhof Hamakom am 15. Und 16. Oktober. Leidenschaft war das Wort, betonte Benjamin, das im Mittelpunkt des Ereignisses stand. Leidenschaft war auch das Gefühl, das Publikum…
-
Ich halte ihn fest!
Habt Ihr mal das Gefühl gehabt, jemanden gekannt zu haben vor dem realen Kennenlernen? Genau dieses Gefühl hatte auch ich damals, 2017, an der Schwelle des neuen Jahres. Ein paar ausgetauschte Worte, kurze Sätze, in denen sich alles um den WIENER herum drehte … – vor allem ging es darum, dass ich vor Jahren eine Doktorarbeit über das Magazin geschrieben hatte, und der WIENER gerade zum Jahresende sein Jubiläum feiern wollte, und ich wusste es schon: Diese Persönlichkeit kam mir irgendwie seltsam bekannt vor! In Wirklichkeit haben wir uns erst am 14.02.2018 im Prückel getroffen, er saß neben dem Klavier da, auf dem Tisch vor ihm lag das neuerschienene WIENER-Heft,…
-
Die Einsame
Erika Dieser Seidentop steht Ihnen so gut! Oooh, danke! Falconeri! Zum ersten Mal habe ich die Modemarke in Bologna entdeckt! Ich kann leider nicht mehr Klamotten mit offenem Ausschnitt tragen wegen der Altersflecken. Wissen Sie, ich bin schon 82! Früher waren es Sommersprossen, nun sind sie Altersflecken! Na, so was! Nein, Sie sehen super toll aus! Meine Haut ist schon schlapp und so dünn, was kann ich mit diesem Gesicht machen? Aber Sie, Sie schauen fantastisch aus! Darf ich Sie nach dem Alter fragen? Ach, nein! Danach darf man eine Frau nie fragen, aber ich schätze Sie höchstens auf 28! Nun muss ich schmunzeln. Nein, auch ich bin nicht mehr…
-
Mein Europa
Mama weinte, sie weinte ungestüm, als ob ihr jemand ein Stück Fleisch vom eigenen Leib abgerissen hätte, als ich mit 14 das Zuhause verließ und nach Ruse an der Donau loszog, den Fremdsprachen zuliebe, die mir das Tor nach Europa öffnen sollten. An der Wand rechts vom Eingang meiner alten Schule hing ein Foto von mir mit der Bildunterschrift „Unser Stolz“. Mama weinte, und ich weinte doppelt – für sie und für mich. Seitdem trage ich immer den Schmerz doppelt – einmal für mich und einmal für die Welt – herum. Nicht, dass ich ab dem Moment an wirklich displaced war, nein, ich war nur entwurzelt. Es fühlte sich so…
-
Die Psychologin
Und so bin ich an dem Punkt angelangt, wo ich mir nichts, wirklich nichts mehr wünschte. Andersrum: es war auch nichts mehr so, wie erwünscht. Weder Beförderung, noch die schon 20 Jahre alte Hoffnung auf Gehaltserhöhung, noch der Gedanke an glänzende Auftritte vor interessiertem Publikum konnten mich nun mehr begeistern. Nicht mal jener teure Gürtel von Cucinelli ließ mein Herz aufflammen, verdammt! Und schon die Vorstellung wissenschaftlicher Betätigung widerte mich an, ja, mich, wo ich sonst so gerne schreibe. War ich älter geworden? Noch schlimmer: eine Reisende auf dem Weg zum Endgültigen ins Jenseits? Das etwas gewaltig mit mir nicht stimmte, war doch klar. Außerdem gab es noch einen wichtigen…