Do. Nov 21st, 2024

„Zwei Zitronenfische und andere Sehenswürdigkeiten“, Florentin Scheicher ( http://Florentin Scheicher), ab 12.05. in der Kolonie 5

„Sind Sie der Künstler?“, frage ich den sympathischen jungen schwarzlockigen Mann in der kleinen Galerie Kolonie 5 in der Hamburgerstraße in Wien, die an diesem warmen Maiabend ihre Türen für die Kunstliebhaber wieder geöffnet hat. „Ja, ich bin’s.“

Heute Abend hängen an den Wänden in der Kolonie 5 die Bilder von Florentin Scheicher.

Ich führe ihn bis zum großformatigen Bild mit der schlanken Leiter drauf, vor der ich mich vorher nachdenklich aufgehalten hatte. Mich interessiert, wohin sie denn führen könnte. Ich schaue mir das Bild noch ein paar Minuten prüfend an und bin in Gedanken bei Georg Hennig, dem Geigenmeister, der zwischen den Seiten von Viktor Paskovs Migranten-Roman „Ballade für Georg Hennig“ zum neuen Leben erweckt wurde. Für den Protagonisten Georg Hennig stellt die Leiter nämlich eine Verbindung zum Gott dar – den Pfad zwischen der Kunst und dem Göttlichen, erinnere ich mich.

Für den jungen Künstler führe die Leiter auf seinem Bild „Gedeihen und Gedingen“ außerhalb des abgebildeten Raums hin, es stehe fürs Verlassen des Raums und in dem Sinne – für den Weg zum Spirituellen. Ich frage ihn, ob seine Bilder tatsächlich nur eine Fantasiewelt wiederspiegeln, wie es in der Ankündigung zu lesen ist. Nein, zweifelsohne hätten sie ihre Entstehungsgründe in der Wirklichkeit.

Lieblingsfarbe? Petroleum. Auch im Alltag, nicht nur in den Kunstwelten. Und überhaupt, er möge die Kontraste. Auf dem Spiel zwischen den Kontrasten bauen auch seine Bilder auf. Die andere Leidenschaft, für die der Künstler brennt, sei die Musik.

Wenn ich jemanden zum ersten Mal treffe, möchte ich immer wissen, was dem Menschen unentbehrlich im Leben ist – so nehme ich den kürzesten Weg, denke ich, um jemanden kennenzulernen. Für Florentin Scheicher ist die Zeit unentbehrlich, in der er sich in sich zurückziehen und mit sich selbst alleine bleiben kann, um über einiges zu reflektieren. Und unentbehrlich in der Kunst? Das sei ja die Möglichkeit zur Selbstreflexion sowie die Chancen, durch seine Kunst zu den Menschen zu gelangen, sie zu berühren und anzusprechen. Auf meine Frage, ob Kunst auch politisch sein sollte, antwortet der junge Künstler, dass jede Kunst an sich ein Ausdruck einer Meinung – ein Statement – sei, was sie gleich auch politisch mache, doch seine Werke hätten eher wenig damit zu tun.

Eine Frage noch drängt sich noch auf und gibt mir keine Ruhe, bevor ich mich verabschiede, möchte ich noch gern wissen, was die Kunst heutzutage brauchen würde, um zu überleben – Self-Promoting, lautstark werden, nach neuen Wegen zu seinem Publikum suchen oder was anderes. Was sie keinesfalls bräuchte, meint Florentin, sei einen Krieg. Denn ein Kriegsausbruch bedeutete in derselben Sekunde auch ein Leiden für alle Kunstschaffende.

Florentin Scheicher studiert an der Angewandten in Wien und ist vielleicht einer der wenigen Künstler, die um der Kunst willen malen, ohne durch die Kunst ein konkretes Ziel erreichen zu wollen. Vielleicht liegt es an seiner Jugend, wer weiß, oder auch eben daran, dass Kunst immer eine Prise Verrücktheit gebraucht hat und auch immer brauchen würde, um sich manifestieren zu können.

Unterwegs für Euch –

Eure Neli Peycheva

#kunst, #kolonie5, #florentinscheicher

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