Das Universelle
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Nichts macht mir mehr Angst als die Gleichförmigkeit
Nichts macht mir mehr Angst als die Gleichförmigkeit. Ich bin zwar in einer schönen hellen viel versprechenden Zeit aufgewachsen und in einer noch schöneren, noch helleren Gesellschaft, in der Disziplinierungsmaßnahmen einen Höchstwert erreicht hatten: das Schülerheim des Fremdsprachengymnasiums, das sich im 3. Stock derselben Schule befand, schloss die Türen um 20:00 Uhr. Noten unter dem Bestergebnis waren unzulässig bzw. ein Grund zum Sich-Schämen, und die Schuluniform war ein Muss. Wir waren auch so erzogen, auf die Frage „Willst du den anderen als Vorbild dienen?“ mit „ja“ zu antworten. An einem warmen Sommerabend im Juni 1988, das Erscheinungsjahr vom Iwan Andonows Kultfilm „Yesterday“, dessen Sujet in der Deutschen Schule in Lovech…
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Das Allerschönste
Das Allerschönste schiebe ich ganz an die Spitze. Zur Morgenröte schaut es sich in meinen Augen um und schmilzt im purpurroten Himmel: keine Blitze, kein Sturm, kein Unwetter, kein Warum. Es findet mich in meines Herzens Ritze. Das Allerschönste hat zwei zarte Arme. Ich spüre sie wie Vögel flatternd, im Tanz mich sanft berührend, windend Träume warme um mein Gesicht in einen Vögel-Kranz, den kalten Morgenwind umarmend. Das Allerschönste hat auch eine Seele. Ich decke sie mit Schneeglöckchen-Umhang, damit das allerwahrste Weiß, die Quelle jener universellen Wahrheit erhalten bleibt hinter dem Wolken-Drang der grauen und verstaubten Himmelswelle. Das Allerschönste will ich, kein Vorgaukeln über das endlose Schönste ohne Herz,…
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Hoffnung
In einer ruhigen namenlosen Straße kam ich an - ich fand sie, sie – mich, und dann irgendwo da, im Dunkel neben der Straßenlaterne wartete ein uneingeladener Gast aus der Ferne. Eine Fremde, allerdings nicht ganz Unbekannte… Waren wir verabredet? Oder sie mich erkannte? Blicke, Fragen, leises Geflüster, ruft mich beim Namen, folgt keinem Muster, stellt sich nicht vor. Ob ich sie kenne? Ihren Hauch spüre ich, spüre ihr Brennen. Wartet auf mich seit Menschengedenken? War ich denn blind? Taub? Ihr Geschenk sei kleines Gespräch aus glühenden Worten. Hat mich gesucht an entlegenen Orten? Kann nicht vorbei an ihrer Umarmung, die flackernden Kerzen sind ihre Vorwarnung. Diese Hände, Dezember-erfroren, die…
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Die Versagerin
Zur Morgendämmerung schläft die Versagerin in mir nicht.Sie drückt mich an die Wandfür alle meinen „Ich kann nicht über meinen Schatten springen“,für alle kleinen und großen bequemen Flüchte, Täuschungen,für alle meinen „Es ist mir scheißegal“,für alle „Es ist noch Zeit“,für alle stillen Rückzüge,für alle „Warte“ und „Halte mal“!Und wie bequem ist es nur,über die Schulter auf sie zu spucken,mit nicht sehenden Augen,sodass alles sich einfach und logisch,pragmatisch und unpersönlich weiter so hinzieht.Die Versagerinnen sind immer wach.Die Versagerinnen träumen nie.Wenn du glaubst, dass die Versagerin nicht mehr da ist,genau in dem Moment nistet sie sich in deiner Wunde einund das tut höllisch weh.Sie schreit aus, dass du verlogen bist,unecht und unschön,…







