Das Jetzt
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Vorsätze fürs Neue Jahr
Eure Neli P Views: 50
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Gib mir deine Hand
Gib mir deine Hand,lass sie sich auf meine Hände niedersetzen,ich will da, in deiner Hand, deinen Weg entdecken,deinen sich in Kurven schlängelnden Weg,und auf deinen Pfad viel Freude und Zeit ins Endlose hinunterrollen,Sternenstaub darauf streuen,und möge ich gleich vergessen, was ich enträtselt habe! Gib mir deine Hand, lass sie wie ein Blatt auf den Schoss vom November fallen und sich da ausruhen,damit ich mit dem Novemberregen alle eisig frierenden Winter wegspülen kann.Und hab keine Angst vor schlechten Vorhersagen,in meiner Hand wird nämlich ein Zauber geboren,und dank diesem Zauber kann ich aus der Hand nur von jenem lesen,auf dessen Weg ich meinen eigenen Namen entdecke. Neli P Views: 58
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Die Beichte einer Nichtgläubigen
Provoziert durch die heutige Begegnung mit Ihm. Ich bin in einer gottlosen Gesellschaft aufgewachsen, in der Gott verboten war. Gott? So was gab es nicht, nur von den Lippen meiner Oma konnte man manchmal dieses seltsame Wort, leise und vorsichtig zugeflüstert, hören. Was sie allerdings damit meinte, blieb ein volles Rätsel. Die kleine Kirche, die mitten auf dem zentralen Platz stand, hatte für mich eine völlig plausible Geschichte: sie war ja nämlich die, an deren Kirchturm Baron von Münchhausen sein Pferd mitten in jenem heftigen Schneesturm gebunden haben soll. Jedes Mal, wenn ich an ihr vorbeiging, schaute ich nach oben zum Turm und dachte an Münchhausen. Eine andere Funktion der…
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Notizen aus der Quarantäne II
Bologna, cara mia Bologna! Ich steige in die Maschine und in weniger als 2 Stunden bin ich da. Ich verschmelze mit den gelb-rot-orangen Bögen über meinem Kopf, die mich auf dem Weg an den Instituten der Università di Bologna vorbei begleiten, werfe einen neugierigen Blick in die kühlen einladenden Innenhöfe. Mitten auf Plazza Maggiore halte ich inne. Für ein paar Sekunden wird es still, das ganze Getümmel verstummt, es fühlt sich so an, als ob ich genau in dem Augenblick im Mittelpunkt der Erde stehen würde. Die Glocke der Basilika San Petronio reißt mich aus der Zeitlosigkeit und holt mich in die Gegenwart zurück: Es ist punkt 12 Uhr Mittag. Und dann…
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Notizen aus der Quarantäne I
Ich mache breit dieses Fensterlein auf, um tief einzuatmen… Meine Schritte führen mich in den Stadtpark, lege mich da auf das feuchte Aprilgras hin, die Sonnenstrahlen verfangen sich in meinen Wimpern, blitze gegen die Sonne, meine Hände berühren das sich noch immer etwas borstig anfühlende Gras sanft, vielversprechend, meine Haare schlingen sich um die Grashalme herum, verflechten sich mit ihnen, die Haarspitzen werden länger und länger, schlagen Wurzeln tief in die hungrige Erde hinein, es riecht nach Magnolien, der Duft ist so betörend, dass es mir schwindlig wird, unter meinem Rücken pulsiert das Herz der Erde – Wärme fließt über meine Arme, über die Ellenbogen hinunter, ein nie aufhörender Strom,…
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Ich warte auf sie
Auf die Zeit warte ich, die Minuten erforschend, schüttele den Staub von ihnen ab, pudere sie ein bisschen auf und entdecke in jeder einzelnen etwas Weißes, etwas Schönes. Auf die Zeit warte ich, warte wortlos. Dass wir uns mal wieder begegnen – ohne Worte, ohne Streit. Dass wir uns mal wieder verzeihen – ohne Trennlinien zu ziehen. Auf die Zeit warte ich – jene Januar-raufrostige, sauber gefegte, leuchtend weiße und zärtliche Zeit, die Zeit-Mut - die kecke, echte, kühne Zeit -, nicht auf die bedrückte Zeit-ohne-Zeit, die den Nacken beugt. Auf die Zeit warte ich – die Zeit-Sekunde, die blitzschnell mit heftigem Getöse das Dunkel spaltet, die Zeit-Fähre, die auf…
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„WILLKOMMEN! Ich heiße Olga. Ich bin Verkäuferin.“
Die Not, nicht der Überfluss hat Olga dazu getrieben, nach Wien zu kommen. Notgedrungen hatte sie ihre sieben Sachen gepackt – die alle in ihrem Pelzmantel reinpassten –, und verließ die Heimat, nachdem ihr das Leben ein paar harte Ohrfeigen verpasst hatte, und einige davon sie in die Knie gezwungen hatten. Hinter sich, in Odessa, ließ sie einen Ex-Mann, der auf seine Weise um ein besseres Realitätsbild kämpfte, indem er das Verzerrte draußen durch Alkohol wieder auszuloten versuchte, und den sie lange genug auf dem Weg, genannt „Ehe“, mitgeschleppt hatte. Ob sich seine eigene Realität dadurch schöner, erträglicher anfühlte, wusste Olga nicht, ihre war allerdings nur noch gruseliger geworden. Bis…
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Rapidler, ich komme!!!
Man soll ja nicht daran denken, was man hätte werden können, und grundsätzlich, schon gar nicht viel grübeln im Leben, sondern das Beste daraus machen, was man eben ist, sagt man. Und trotzdem, trotz des Wissens über die Sinnlosigkeit derartigen Tuns, blickt man ab und zu zurück, rekapituliert, wägt diese und jene Option ab und versucht die Vergangenheit vom Blickwinkel der Gegenwart aus neu zu beleuchten, indem man seine Schritte rechtfertigt oder ihnen erst nun eine – wohlverdiente –Bedeutung beimisst. Und in solchen Momenten kann ich nicht anders als mich auf den Flügel des inneren Monologs treiben lassen. „Und du hättest was Großes werden können, Neli! Eine Fußballerin nämlich!“, flüstert…
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ZOOM Reality
Heute führten mich meine Gedanken in das ferne 1998 und die Jahre danach zurück… Vor meinen Augen verliefen wie im Kino all die Stempel in meinem alten Pass, die die Ein- und Ausreise an jedem Grenzübergangspunkt dokumentiert hatten, damals, als man immer noch nicht „frei“ reisen konnte – so rund 160 an der Zahl. Die langen 35-stündigen Busfahrten nach Deutschland, die Zugreise von Bulgarien bis nach Wien und von Wien bis nach Jena, die Busreise über Wien bis nach Oradea, jeden gefühlten Kilometer hatte ich damals gezählt. Dass sich das Ganze mal wiederholt, das wäre mir allerdings nie durch den Kopf gelaufen, mir, die so gerne alleine reist, um völlig…
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Gedanken
Diese Gedanken – umherirrende Ritter, Don Quijote-Gestalten, Landstreicher, Schicksalsfeen, Gedanken, die fordern, bitten und flehen, Gedanken aufgeblasene, eitle und wichtige, galoppierende, kleinliche, nichtige, Gedanken gemäßigte, langsame, schnelle, Gedanken freudige, weiße und helle, Gedanken-Dichter – beflügelte, reine, Gedanken-Peitschen – quälende, kleine, blöde Gedanken, kluge Gedanken lasse ich los – es reicht! -, um zu tanken neue. Und diese lass ich daneben – zwischen den Seiten des Buches aufleben, in einem versehentlichen Kurzfilm entstehen, als blasse Erinnerung kommen und gehen. Denn jene Gedanken – dursichtige, leichte, aus Löwenzahnröckchen, Gedanken wie Beichte, Gedanken, absteigend auf frostigen Wegen, die nebligen schweren Gedanken wegfegend – erwarte ich, um euch eine Handvoll Schnee, gesponnen aus Schneegarn…