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Mein Europa
Mama weinte, sie weinte ungestüm, als ob ihr jemand ein Stück Fleisch vom eigenen Leib abgerissen hätte, als ich mit 14 das Zuhause verließ und nach Ruse an der Donau loszog, den Fremdsprachen zuliebe, die mir das Tor nach Europa öffnen sollten. An der Wand rechts vom Eingang meiner alten Schule hing ein Foto von mir mit der Bildunterschrift „Unser Stolz“. Mama weinte, und ich weinte doppelt – für sie und für mich. Seitdem trage ich immer den Schmerz doppelt – einmal für mich und einmal für die Welt – herum. Nicht, dass ich ab dem Moment an wirklich displaced war, nein, ich war nur entwurzelt. Es fühlte sich so…
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WHERE IS MY WIENER???
Auf der Suche nach dem verlorenen Wiener Bis vor ein paar Jahren glaubte ich, dass die Gemütlichkeit als Konzept den Deutschen zuteilgeworden war, nun bin ich mir nicht mehr so sicher. Entweder ist sie dermaßen ansteckend, dass sie sich bis nach Österreich hin ausgebreitet hat, galoppierend mit der Geschwindigkeit eines globalen Phänomens, oder war sie auch hierzulande schon immer gelebt und gehuldigt. Allerdings brauchte ich lange, bis ich in Worte fassen konnte, was genau mit dem heutigen Wiener nicht stimmt. Zugegeben, ein vages Vorgefühl auf irgendwas schwebte schon immer umher, ein Vorzeichen auf ein nicht ganz deutlich wahrzunehmendes Etwas, das sich wie ein Schatten abzeichnete, der bald in einen grauen…
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Am I a good person?
„Am I a good person?” No, it’s not about what morality experts say about the ways they try to find out what kind of traits, behaviors or manners should round up the image of someone, defined as „a good person”. It’s not about the retrospective we make at the end of each year: „Did I achieve my goals?” „Did I live wisely?” I’m thinking of all the young people I met till now and – of “the line game”! Do you know it? It’s called like that according to the scene in the film „Freedom Writers”, where Hillary Swank (who plays the role of the teacher Erin Gruwell) asks her…
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Familienname – noch immer ich oder nicht ich?
Mein Ne. “Halten”, Erich Fried Fried, geboren am Georgstag. Habe mich beim Gedanken erwischt, inwiefern der Familienname unsere Identität prägen kann im Vergleich zum Vornamen. Fried. Frieden. Mein Vorname fängt mit Ne- an, mein Familienname Nenova (vom Großvater geerbt), wieder mit Ne-, was ein Nein auf Bulgarisch bedeutet. „Nein!“ „Nein?“ zu was? :-)) Das frage ich mich! Es gab ja Zeiten, als ich vehement darauf bestand, meinen Geburtsnamen Nenova zurückzuholen – aus Protest gegen das Fremde um mich herum und natürlich als Akt des Selbstschutzes und der Selbstliebe- eine Identitätsfrage nämlich. Von außen her betrachtet eine skurille Aktion! Alle beobachteten mich perplex, stupsten mich mit dem Ellenbogen, um zu prüfen,…
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Ich will nicht
Ich will nicht sehen, ich will nicht hören, glauben, verachten, ich will nicht erfunden sein und auf die Schnelle mit schwarzer Tinte umgerissen sein auf altem, hier und da verbranntem Papier. Ich radiere alles aus, was du da über mich gekritzelt hast: Auf einem Weg ohne Richtung, in einer Zeit ohne Zeitmessung, in einem Drehbuch ohne Text, in einem Theaterstück ohne Namen, in einem abgedroschenen Sujet – ohne Rollen, ohne Reime. Ich halte meine Ohren mit den Händen zu, decke meine Augen mit einem Eichelhäherfeder. Ich will nicht glauben, dass es keine Vorzeichen gab und dass es keine Vergeltung gibt. Ich will nicht denken. Ich will nicht diese sein, die…







